Weine aus Burgund
Chablis, die Côte d’Or, die Côte Chalonnaise, das Mâconnais und das Beaujolais: Aus diesen fünf Regionen setzt sich Burgund zusammen. Das Herz des Burgunds ist zweifellos die Côte d’Or, der goldene Hang – ein schmaler, 50 km langer Streifen von Weinbergen, die alle mehr oder weniger nach Ostsüdost ausgerichtet sind und auf denen Pinot Noir und Chardonnay wachsen.
Die Sache scheint einfach. Schaut man jedoch genauer hin, wird die Welt auch hier kompliziert. Nirgendwo in Frankreich haben die Winzer so viel Aufwand betrieben, um ihre Weinberge Quadratmeter für Quadratmeter nach Unterschieden des Bodens und des Mikroklimas zu untersuchen. Die Zisterziensermönche des Mittelalters sollen die Erde sogar wie einen Wein im Mund verkostet haben, um ihre Eigenschaften zu ergründen. Heute ist jede Appellation in kleine und kleinste „Climats“ aufgeteilt, Kleinparzellen, die einen eigenen Namen tragen und deren Wein einen individuellen Charakter erkennen lässt. Keine Region auf der ganzen Welt besitzt eine so intime Kenntnis vom Zusammenspiel und der subtilen Interpretation aller Faktoren, die das Terroir ausmachen.
Das Beaujolais spielt innerhalb des Burgunds eine gesonderte Rolle, denn es hat hinsichtlich Rebsorte und Boden mit „klassischen“ Burgund nicht das Geringste gemein. Chablis auf den ersten Blick hingegen schon: Der kalkliebende Chardonnay ist typisch für Burgund. Nichtsdestotrotz schmeckt Wein aus Chablis anders und ist eher den Tropfen der Kimmeridgium-Kette zuzuordnen, die von Sancerre und Pouilly-Fumé durch Chablis bis zur Subzone Aube in der Champagne verläuft. Im Mittelpunkt dieses Überblicks steht die Côte d’Or in ihrer ganzen Länge zwischen Dijon und Chagny, die Côte Chalonnaise zwischen Chagny und St-Boil südwestlich von Chalon-sur-Saône und das Mâconnais westlich von Tournus und Mâcon.
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Côte d'Or
Wenn Sie ein Faible für Denksportaufgaben haben, sind Sie in Burgund genau richtig: In dem rund 50 km langen Band aus Weinbergen findet man über 500 Appellationen (deutsch: Herkunftsgebiete). Warum? Die Appellationen in Burgund werden oft als Pyramide beschrieben. Den breiten Sockel bilden die allgemeinen Regional-Appellationen Bourgogne Grand Ordinaire (für vorwiegend aus Gamay bereiteten Wein), Bourgogne Rouge (Pinot noir), Bourgogne Rosé (Pinot noir), Bourgogne Blanc (Chardonnay) und Bourgogne Aligoté (Aligoté).
Darüber befinden sich die subregionalen Appellationen Bourgogne-Hautes Côtes de Nuits und Bourgogne-Hautes Côtes de Beaune für Rebflächen in den Bergen. Auch die Côte d'Or ist in zwei Subzonen unter-teilt: die Côte de Nuits zwischen Dijon und Nuits-St-Georges und die Côte de Beaune zwischen Beaune und Chagny. Weine aus der ersten Zone dürfen sich Côte de Nuits-Villages und aus dem südlichen Bereich Côte de Beaune-Villages nennen, sofern sie nicht anders klassifiziert sind. Klettert man die Pyramide noch eine Stufe höher, erreicht man die 25 Villages bzw. Gemeinden der Côte d'Or. Jede hat ihre eigene Appellation. Berühmte Beispiele sind Gevrey-Chambertin, Nuits-St-Georges und Meursault. Bis hierher war es einfach. Die meisten Dörfer - jetzt tief Luft holen-verfügen über eine Reihe von Premiers Crus, deren Namen man an den der Gemeinde anhängen kann, also z.B. Nuits-St-Georges Premier Cru „Les Cailles“ oder Meursault Premier Cru „Les Genevrières“. Damit wird es richtig schön kompliziert, denn in Burgund sind über 450 Premiers Crus registriert - allein Beaune hat schon 44 davon. Um die Verwirrung noch ein bisschen zu steigern, gibt es auch Weinberge (französisch: lieux-dits) ohne Premier-Cru-Status, deren Namen man gelegentlich auf den Etiketten von Villages-Weinen findet. Zu allem Unglück sind manche Premiers Crus auch lieux-dits, d. h., ein Teil des Rebgartens hat Premier Cru Rang, ein anderer ist lediglich als Villages-Wein eingestuft. Premiers Crus können sich obendrein auf mehrere Gemeinden erstrecken oder je nach Weinfarbe an verschiedene Villages-Appellationen angefügt werden, wie es beim weißen „Santenots“ von Meursault oder dem roten „Santenots“ von Volnay der Fall ist. Ein Verschnitt aus mehreren Premiers Crus kann als ,,Premier Cru“ ohne Weinbergangabe in Umlauf gelangen. Dass derselbe Weinbergname in verschiedenen Dörfern auftaucht - so haben Beaune wie auch Santenay einen „Clos des Mouches“- oder die Schreibweise eines Premier Cru von Hersteller zu Hersteller variieren kann, erhöht den Nervenkitzel zusätzlich.
Zur Besänftigung der Gemüter nach dieser Klassifizierungsschlacht ist noch hinzuzufügen, dass die burgundischen Premiers Crus einige der „köstlichsten“ Namen der Weinwelt bereithalten. Fixin hat einen Premier Cru „Queue de Hareng“ (deutsch: Heringsschwanz), Chambolle-Musigny einen „Les Amoureuses“ (deutsch: die Liebenden), Vosne-Romanée einen „Les Malcon-sorts“ (deutsch: die schlechte Gesellschaft), Meursault einen „La Goutte d'Or“ (deutsch: der Goldtropfen), Blagny einen „Sous Le Dos d'Ane“ (deutsch: unter dem Rücken des Esels), St-Aubin einen „Sur Le Sentier du Clou“ (deutsch: auf dem Pfad des Nagels) und Chassagne-Montrachet einen „Les Dents de Chien“ (deutsch: die Hundezähne). Und mit dem alten lieu-dit Montreculs in Dijon gedenkt man einer besonders geschätzten alten Tradition: dem Herzeigen des Allerwertesten.
An der Spitze der Pyramide schließlich stehen die Grands Crus. Es gibt ihrer 30 an der Côte d'Or. Sie sind einer Nomenklatur unterworfen, in der der Name der Herkunftsgemeinde keinen Platz hat (z.B. Chambertin). Außerdem sollte auf dem Etikett noch stehen, dass es sich um einen Grand Cru handelt. Das dürfte man aber schon vorher am Preis gemerkt haben.
Was soll dieser Namenswirrwarr nun widerspiegeln? Burgund ähnelt in seiner geologischen Struktur dem Elsass. Mit anderen Worten: Auf den ersten Blick sieht die Region wie ein Anbaugebiet aus, das an den Hängen eines Flusstals in den Genuss von reichlich Sonne kommt. Im Elsass ist es der Rhein, hier die Saône. Im Lauf der Jahrmillionen scheint sich der Fluss etwas von den Hängen entfernt zu haben. In Wirklichkeit sind die beiden Talwände auseinander gedriftet und haben den Weg für den Fluss mitsamt seiner kiesigen Fracht freigemacht. Es entstand ein Graben. Auf der anderen Seite des Saône-Grabens findet man die Weinberge des Jura, des seltsamen, verkümmerten Zwillings Burgunds. Auch das Elsass hat mit dem deutschen Anbaugebiet Baden ein solches Gegenstück.
Der lange Nord-Süd-Hang des Anbaugebiets Burgund wird von kleineren Verwerfungen und Einschnitten unterbrochen. Diese Seitentäler werden „Combes“ genannt. Bäche und Flüsse haben die Lücken genutzt, um von den Hügeln im Hintergrund der Saône zuzustreben. Der „Goldhang" ist also geologisches Stückwerk.
Das Muttergestein besteht aus Kalk und Mergel unterschiedlicher Zusammensetzungen. Bei Comblanchien, am Übergang zwischen der Côte de Nuits und der Côte de Beaune, wird Stein plötzlich wichtiger als Wein. Hier entstanden vor Jahrmillionen in einem warmen Meer aus Myriaden zu Boden gesunkener Austern die wunderschönen „dalles nacrées“, perlmuttartig schimmernde Steinplatten. Man fördert sie in Comblanchien zutage. Das Gestein ist zwar nicht kristallisiert wie Marmor, hat aber poliert eine ähnliche Oberflächenstruktur und leuchtet dank der in ihm enthaltenen Eisenoxide in zartem Rosa.
Verwerfungen, Täler, Kalk und Mergel, Schwemmland, Schotter, Kies in bunter Mischung - ja, die Côte d'Or hat einen komplexen Untergrund. Das Zusammenspiel der verschiedensten Elemente verbindet sich jedoch nicht zu der wirren geologischen Sinfonie des Elsass, die wie von Goethes Zauberlehrling verursacht worden zu sein scheint, sondern eher zu Bachs exquisiten, brillanten, fein nuancierten Goldberg-Variationen. Tausende Winzer haben in Hunderten von Jahren in ihren Weinen die Unterschiede der verschiedenen Parzellen erschmeckt und dieses Wissen an andere weitergegeben. Das heutige Appellationssystem spiegelt diesen Facettenreichtum wider. Es dient den Weinbauern als Inspiration und Herausforderung zugleich. Henri Jayer brachte es auf den Punkt: ,,Mit der Gesetzgebung von 1936 wurden nur die empirischen Beobachtungen unserer Vorfahren bestätigt. Man darf nicht vergessen, dass die Klassifizierung vor ihrer Absegnung durch den Staat bereits im Glas durchgeführt worden war - und zwar von Leuten, die sich auf das Verkosten verstanden."
Côte de Nuits
Die Côte d'Or beginnt in den Randbezirken von Dijon bei Chenôve. Erst auf der Höhe von Marsannay allerdings - der einzigen burgundischen Gemeinde übrigens, in der Rot-, Weiß- und Roséwein hergestellt werden darf – beginnen Reben die Vorortszenerie zu dominieren. Ab hier verändert sich das Bild der Hanglandschaft kaum mehr, außer dass die Hügel im Süden etwas weitläufiger sind und das Potenzial der Böden durch Beimischungen von Schwemmland leicht beeinträchtigt wird. Das Gros der 225 ha Rebfläche von Marsannay liefert Trauben für Rotweine und Rosés. Sie fallen leicht, klar, frisch und delikat aus. Aus dem nächsten Dorf, Fixin, kommen fast ausschließlich Rotweine. Man merkt, dass die Hänge wärmer werden, denn die Gewächse geraten relativ stämmig. Hinter Fixin fährt man durch die nicht klassifizierte Gemeinde Brochon, deren Erzeugnisse von ebenen Schiefertonflächen stammen und als AOC Bourgogne etikettiert werden. Schon die Weine vom nächsten Hügel indes fließen als Gevrey-Chambertin in die Flasche. Die Côte de Nuits läuft rasch zur Bestform auf.
Direkt südlich von Gevrey-Chambertin stößt man auf die Combe Lavaux, das erste größere Quertal, das die Hangkette unterbricht. An der Nordseite des Talausgangs zieht sich von Ost nach Süd eine Tribüne aus Premier-Cru-Lagen mit dem herausragenden „Clos St-Jacques“ in der Mitte. Glaubt man den Einheimischen, unterscheidet ihn so gut wie nichts von einem Grand Cru. Südlich von Gevrey erblickt man den ersten Grand-Cru-Hang der Côte d'Or: den beschaulich-majestätischen „Chambertin“. Er setzt sich aus mehreren Lagen zusammen, die natürlich auch unter sich eine Rangordnung ausmachen. An der Spitze stehen „Chambertin“ und „Chambertin-Clos de Bèze“, die Zweitplatzierten sind Chapelle- , Griottes-, Latricières-, Mazis- und Charmes-Chambertin (auch Mazoyères-Chambertin genannt). Die stattliche Gemarkung Chambertin geht im Süden in die gleichrangigen Lagen „Clos de la Roche“, „Clos St-Denis“, „Clos des Lambrays“, „Clos de Tart“ und „Bonnes Mares“ über. Schon ist man in Chambolle-Musigny, auf dessen Höhe sich die nächste größere Unterbrechung im Steilabbruch der Côte de Nuits befindet: die Combe Ambin.
Ein Blick von der berühmten Nationalstraße N74 nach oben macht die typische Schichtung burgundischer Weinberge deutlich. Die besten Lagen befinden sich in der Mitte. Hier ist die Sonne am wärmsten, die Bodendurchlässigkeit am besten, der Untergrund am steinigsten und dünnsten und das Muttergestein aus Kalk der Oberfläche am nächsten. Zwischen ihnen und den bewaldeten Kämmen erstreckt sich ein etwas kühlerer, kargerer Bereich, während am Fuβ der Anhöhen der Boden fruchtbarer und feuchter ausfällt und das Muttergestein tiefer liegt. Eine Ausnahme bilden Chambertin und seine Nachbarn. Die Grand-Cru-Lagen reichen bis an den Wald heran,der an der Cote d'Or die Hügelspitzen meist bedeckt. Typischer für Burgund sind da schon die Grands Crus von Morey St-Denis. Sie liegen in der Mitte zwischen den höheren Premier-Cru-Lagen und den tieferen Villages-Bereichen. Der Gevrey-Stil ist ausdrucksvoll, geschmacksintensiv, fast fleischig, während man in Morey elegantere, reinfruchtigere Tropfen keltert.
Mit Chambolle-Musigny und seiner Combe wird im burgundischen Weinbergregister ein neuer Ton angeschlagen. Das Wasser hat viel kalkreiches Gestein nach Chambolle gebracht; auβerdem weht ein kühler Wind durch das Tal, weshalb die Roten an diesem Punkt der Côte besonders elegant und fein ausfallen. Der Schwemmlandfächer am Ausgang der Combe mindert zwar die Qualität der Rebflächen um das Dorf etwas, doch schon ein Stück weiter südlich sorgen „Le Musigny“, „Clos de Vougeot“, „Grands Echézeaux“ und „Echézeaux“ auf mittlerer Hanglage wieder für großartige Qualität. Nach einer etwas unvermuteten Unterbrechung durch die Premiers Crus „Les Suchots“, „Les Beaux Monts“ und „Aux Brûlées“ strebt die Grand-Cru-Prachtstraβe ihrem Höhepunkt zu „Richebourg“, „La Romanée“, „Romanée-Conti“, „Romanée-St-Vivant“, „La Grande Rue“ und „La Tâche“. Wer nun Dramatisches erwartet, wird überrascht sein: Großer roter Burgunder ist duftig, leicht, ätherisch, in der Jugend lebhaft-fruchtig und im Alter sanft-animalisch, scheinbar zart, doch unergründlich kraftvoll, robust und vollmundig. Die Kreszenzen von hier erreichen dieses Ideal gelegentlich.
Unter den Villages-Weinen präsentiert sich der Chambolle graziös, duftend und verführerisch. Diese Eigenschaften teilt er mit den Grands Crus „Bonnes Mares“ und dem ätherischen „Musigny“. Vougeot und Vosne-Romanée sind dunkler und gebieterischer. Der 50 ha große Weinberg „Clos Vougeot“ zieht sich bis zur Straße hinunter, wo tiefgründiger Boden über Mergel ruht. Dieser untere Bereich trägt das Grand-Cru-Siegel, hat jedoch Villages-Niveau. Warum? Die Mauern des großartigen Clos wurden vor 500 Jahren hochgezogen, die Ursprünge des Weinbergs gehen gar bis ins Jahr 1110 zurück. Selbst die Bürokraten des INAO wagten nicht zu teilen, was die Mönche von Citeaux als Einheit erachteten.
Warum aber ist hinter Vosne-Romanée das Terrain für den Weinbau so günstig? Nun, manchmal ist das einfachste Rezept das beste: 1m Oberboden und Kiesel aus einer nahrhaften Kalk-Mergel-Mischung, gewürzt mit etwas auflockerndem Sand, das Ganze über makellosem Muttergestein aus Trochitenkalk. Die Rebenwurzeln lieben diesen tonigen Kuchen aus fossilen Seelilien; ihren Stöcken wiederum behagt der geschützte, sonnige Platz. Doch auch die Geschichte spielt eine Rolle: Die Parzellen wurden schon im 12. Jahrhundert von klösterlichen Winzern geschätzt; später zankten sich Adelige und Mätressen darum. Kein Besitzer sah in ihnen je etwas anderes als die besten Lagen Burgunds und pflegte sie entsprechend. Hätte man sie mit Gamay oder Merlot bepflanzt und 100 hl/ha aus ihnen herausgepresst, würde man heute wohl kaum so ein Loblied auf sie singen.
Hinter Vosne-Romanée zerreißt die Einheit der Côte de Nuits. Der Hang wird vom Fluss Meuzin durchschnitten, auf dessen Schwemmlandfächer das Städtchen Nuits-St-Georges sitzt. Südlich davon wird zwar das klassische geologische Thema noch einmal aufgegriffen, doch dann ergießen sich in Comblanchien harte Steinkaskaden die Hänge hinunter. Die Reben weichen Steinbrüchen - Weinbau wäre in dieser zerklüfteten Topographie auch schwierig. Noch einmal begegnet man in den Premier-Cru-Lagen der typischen Sandwich-Staffelung, vor allem in der Sonnenfalle südlich des Orts. Die Weine von hier treten grimmig, viril und vollbepackt mit roter Frucht auf.
Côte de Beaune
Schon seltsam: Die Côte de Nuits liegt nördlich der Côte de Beaune, und doch findet man die besten Weißweine Burgunds im südlichen Anbaugebiet, während Rotweine die Spezialität der Zone im Norden sind. Winzer Henri Jayer und Weinautor Jacky Rigaud haben beschrieben, wie es dazu kam. Entlang der ganzen Côte d'Or wurde zehn Jahrhunderte lang Pinot noir angebaut, während Chardonnay ein weit jüngerer Zuwanderer ist. Anfangs setzte man die Weißweintraube mal hier und mal dort, es stellte sich jedoch heraus, dass sie in dem südlicheren Streifen des Weinbergbands bessere Ergebnisse erbrachte. Die klimatischen Unterschiede sind bei 30 km minimal - Jayer zufolge ist es an der Côte de Nuits sogar kühler und trockener als an der Côte de Beaune. Daher scheint der Boden den Ausschlag zu geben: Die Côte de Beaune ist wesentlich reicher an Mergel als die Côte de Nuits, wo reinerer Kalk dominiert.
Andererseits verfügt die Côte de Beaune über die doppelte Rebfläche der Côte de Nuits und trotz ihrer berühmten Weißen ist das Gros der Weine rot. Landschaftlich und geologisch ähnelt die Côte de Beaune eher der südlichen Rhône, während die Côte de Nuits Parallelen zur Côte Rôtie und zu Hermitage aufweist. Mit anderen Worten: Das für die Côte de Nuits so typische Band aus Hängen geht an der Côte de Beaune in einen zerrissenen und verschobenen Fleckenteppich über. Die Weinberge verteilen sich großflächiger, sie sind stärker nach Süden als nach Osten ausgerichtet und auch der Boden ist nicht mehr so einheitlich, wie wir gleich sehen werden.
Beim Übergang zwischen beiden Zonen wird man an der Côte de Beaune gleich vom unübersehbaren Berg Corton begrüßt, dem Gegenstück zum Chambertin an der Côte de Nuits. Der Corton ist eine längliche, von einem Wald gekrönte Erhebung, deren südöstlicher Hang sich zu den Dörfern Aloxe-Corton und Ladoix-Serrigny hinunterzieht. Seine Rückseite wird von winzigen Bächlein begrenzt, an deren Zusammenfluss das beschauliche Dorf Pernand-Vergelesses gewachsen ist. Über die Flanke des Corton zieht sich der mit 148 ha größte Grand Cru Burgunds. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts entstand hier nur Rotwein. Dann fand man heraus, dass Weißwein vom „En Charlemagne“ genannten gelbbraunen, oberen Mergelhang Richtung Pernand überragend geriet. Deshalb wächst dort heute der weiße „Corton-Charlemagne“, während in den übrigen Weinbergen mit ihren eisenhaltigeren Böden roter Corton heranreift. Der Herkunftsbezeichnung Corton können je nach Lage bis zu 20 verschiedene Namen angehängt werden. Da weiße Grands Crus einen höheren Preis erzielen als rote, breitet sich Chardonnay mittlerweile in den höheren Bereichen auch Richtung Corton aus.
Die Combe von Pernand ist nicht die einzige Lücke im Hang. Auch das Tal des bei Savigny-lès-Beaune in die Ebene hinaustretenden Flüsschen Rhoin unterbricht ihn und sorgt so für die unterschiedlichsten Ausrichtungen und Bodentypen. Hinter Chorey-lès-Beaune liefern zahlreiche niedrig gelegene Rebflächen Unmengen leichter Villages-Weine. Die besten Premiers Crus aus Pernand und Savigny geben sich spritzig mit Himbeereinschlag.
Als Nächstes gelangt man nach Beaune, der Hauptstadt der Côte d'Or. Auch hier wird das Band aus Weinbergen von kleinen Einschnitten unterbrochen. Die Hänge fallen unterhalb der Wälder auf den Kämmen relativ abrupt ab. Im mittleren Bereich fehlt ihnen die Qualität der Böden, die weiter nördlich Echézeaux, Musigny oder Bonnes Mares zu Ruhm verholfen hat. Grands Crus gibt es nicht, dafür eine Unmenge von Premiers Crus, die zum Teil steiles, steiniges Terrain, zum Teil aber auch flacheres, fruchtbareres Rebland einnehmen. Tiefe Weine, leichte Weine, ja, sogar dünne oder beißende Weine, Beaune hat sie alle - die meisten aber geben sich weich, anmutig und geschmeidig.
Pommard ist ein für Burgund in doppelter Hinsicht untypisches Anbaugebiet. Zum einen nehmen die besten Re¬bflächen nicht die Hänge über dem Ort zu beiden Seiten der Combe ein, sondern finden sich im Flachland. Zum anderen erbringen diese Premier-Cru-Lagen relativ farbtiefe, tanninhaltige Rote mit merklichem Pflaumeneinschlag und gelegentlich sogar einem Hauch Schokolade. Der Grund dafür dürfte eisenhaltiger, rotbrauner Oolith sein, der eine kleine Verwerfung mehr oder weniger in der Mitte des fast völlig ebenen Premier-Cru-Areals an die Oberfläche drängt, wo es Regen und Frost bearbeiten. Rugiens, der Name eines der Weingärten, verweist auf die rötliche Farbe des Bodens. Unter der Oberfläche ist zudem reichlich Mergel vorhanden, der schon fast tonartig wirkt und für eine Art Pétrus-Effekt im Kleinen sorgt. Pommard ist praktisch das Pomerol von Burgund. Die nächste Gemeinde, Volnay, ähnelt Pommard, allerdings sind die roten, eisenhaltigen Böden über eine größere Fläche verteilt und mit kiesigem Kalk und braunem Mergel durchsetzt. Die in der Regel hochwertigen Premiers Crus ziehen sich auch wieder den Hang hoch, wie es sich gehört, denn dort ist der Boden leichter und flachgründiger. Volnays Weine sind in Bestform eine sinnlich-unbeschwerte Melange aus einem fleischigen Pommard und einem eleganten, zugänglichen Beaune.
Nun wird es so richtig kompliziert: Die Côte de Beaune gabelt sich in eine Art Bergstraße und eine Piste nach Süden. Begeben wir uns zunächst ins Hügelland. Monthélie liegt gleich hinter Volnay, ist jedoch stärker nach Süden ausgerichtet, denn zwei Combes flankieren den Ort. Man lässt den Haupthang bei Auxey-Duresses hinter sich und gelangt durch das Seitental nach St-Romain, das zwar seit 1967 seine eigene Appellation hat, aber eigentlich den Hautes Côtes zugerechnet wird. Auch Blagny, die nicht klassifizierte Gemeinde Gamay und St-Aubin gehören zum „Hochland" mit seinen kühlen, leichten Roten und korrekt gemachten, doch kaum je fleischigen Weißen.
Mehr zu bieten indes hat das ,,Tiefland". Weinbaulich verzahnt sich der rötliche Bereich im Norden von Meursault mit Volnay: Roter Premier Cru „Santenots“ gilt als Volnay zugehörig, weißen ordnet man Meursault zu. Im südlichen Teil von Meursault wird das Erdreich heller. Die Schicht aus Comblanchien-Stein dringt wieder an die Oberfläche und wurde früher hier auch abgebaut. Oberhalb der ehemaligen Steinbrüche erstreckt sich gutes Villages-Land, die weißen Premiers Crus von Meursault hingegen findet man weiter unten auf Kalk, Mergel und altem, beim Tagebau angefallenem Schutt. Dank der geschützten Lage kann man in den Weinen eine buttrige, fette Sonnenwärme schmecken, die von mineralischer Finesse getragen wird. „Perrières“ gilt gemeinhin als beste Lage und verdiente zweifellos Grand-Cru-Format. Der französische Wissenschaftler Jules Lavalle stufte in seinem 1855 veröffentlichten Buch „Histoire et Statistique de la Vigne de Grands Vins de la Côte-d’Or“ „Perrières“ gleich hinter Montrachet ein. Der Name „Perrières“ ist ein altes Wort für Steinbruch, wörtlich etwa ,,Steinhof".
Südlich von Meursault zieht sich unterhalb des Rotwein-Dörfchens Blagny das Premier-Cru-Band bis nach Puligny-Montrachet hin und endet am Grand Cru „Montrachet“. Der Weißwein von hier ist für viele der größte der Welt. Auf dem Weg von Meursault nach Montrachet hat sich geologisch einiges getan. Zwar herrscht noch immer harter, mergeliger Kalk vor, doch hat dieser nun eine andere Zusammensetzung. Das Comblanchien-Gestein ist Pierre de Chassagne gewichen, während der Ostrea-acuminata-Mergel aus dem Norden in Pholadomya-bellona- und Digonella-divionensis-Mergel übergegangen ist. Kleine Verwerfungen unterteilen den Grand Cru grob in drei Areale: den steinigen Chevalier-Montrachet hoch oben auf dem Hügel, den eigentlichen Montrachet auf der sanft geneigten Hangmitte und die drei Bâtard-Montrachets auf fast flachem, feuchterem Land. Montrachet muss wie Corton-Charlemagne viele Jahre reifen. Auf seinem Höhepunkt ist er ebenso ausdrucksvoll, doch mit anderen Vorzeichen: Wo Corton mit nervigem Charakter und mineralischen Geschmacksnoten aufwartet, beeindruckt Montrachet mit üppigen Wildpilzaromen und nussigen Tönen. Das große, fast flache Band aus hochklassigen Premiers Crus, das bei Meursault seinen Anfang nahm, setzt sich derweil nach Süden fort und streift Puligny-Montrachet sowie Chassagne-Montrachet. Hier überzeugen Weißweine; den Roten kommt nur noch eine Statistenrolle zu.
Die Hangkette zieht sich in das nächste Dorf, Santenay, und macht anschließend bei Dezize- und Sampigny-lès-Maranges eine Biegung nach rechts. Hier endet die Côte d'Or in geologischer Wirrnis. Die Weinberge von Maranges sind anders als die übrige Côte d'Or nicht nur nach Süden ausgerichtet, sondern haben mit ihrem magnesiumreichen Dolomitenkalk und Schieferton auch eine andere Bodenbeschaffenheit. Santenay, die letzte Bastion der klassischen Côte Richtung Süden, hat eine Reihe saftiger, himbeerfruchtiger Roter zu bieten. Und die Rebflächen von Couchois südwestlich von Maranges bekamen Anfang 2001 für ihre Roten auf Pinot-Basis das Siegel AOC Bourgogne Côtes du Couchois verliehen.
Hautes Côtes
Oberhalb der Haupthänge der Côte d'Or liegen die Hautes Côtes. Man unterteilt sie in Hautes Côtes de Nuits und Hautes Côtes de Beaune. Die Böden sind nicht mehr kalkig, die Lagen zerrissen und weit verstreut. Obendrein findet man ein merklich kühleres Klima vor. Besonders die Aligoté Trauben liefern gute Ergebnisse. Manchmal können die Roten aus Pinot und Weißen aus Chardonnay etwas schwach ausfallen.
Côte Chalonnaise
Das Band aus Hängen setzt sich fort - aber auf der anderen Seite der Dheune, wo es vollends zerreißt. Umständlich windet es sich durch die fünf Gemeinden Bouzeron, Rully und Mercurey im Norden der Region sowie Givry und Montagny weiter südlich. Das Flickwerk aus Lagen wird von zahlreichen Verwerfungen unterbrochen: Kalk, sandiger Ton und Mergel wechseln sich ab. Die Weinberge sind exponierter und kühler als an der Côte d'Or. Gelegentlich entsteht Beachtliches, ansonsten aber sind die Qualitätsansprüche bescheiden.
Die erste und kleinste Gemeinde, Bouzeron, darf den Titel AOC führen, hat ihn aber aus eher historischen denn geologischen Gründen nur für Aligoté bekommen, denn einen Grund, warum Chardonnay für die kalkigen Böden ungeeignet sein sollte, gibt es nicht. Die Appellation Rully südlich davon ist für Rot- und Weißwein klassifiziert und nennt prahlerisch 23 Premiers Crus ihr Eigen. Die kühlen, eleganten Weißen schlagen sich besser als die dünnen Roten. Das nächste Dorf, Mercurey, pumpt Rotwein auf den Markt, der bestenfalls feste, roh behauene, ehrliche Burgunder Handwerksarbeit ist; auch ihre 30 Premiers Crus sind deshalb arg dick aufgetragen. Zusätzlich hat man etwas Weißen in petto. In Givry nahe Chalon-sur-Saône dominiert ebenfalls die Farbe Rot. Die Weine sind leichter strukturiert und entsenden einen einnehmenderen Duft. Auch hier bietet man 22 so genannte Premiers Crus auf. In der letzten, nur für Weißweine zuständigen Gemeinde gerät der Premier-Cru-Nonsens gänzlich außer Kontrolle: Nicht weniger als 53 ,,Erste Gewächse" hat man dort großspurig ausgewiesen. Mergel und Sandstein verhelfen dem Chardonnay hier zu etwas mehr Substanz als andernorts an der Côte Chalonnaise; die Glanzlichter der AOC können es immerhin mit vielen Villages-Weißen von der Côte d'Or aufnehmen.
Mâconnais
Das Mâconnais verschmilzt an seinem südlichen Ende mit dem Beaujolais: Auf einigen Kilometern mischt sich der Kalk von St-Véran mit dem Granit von St-Amour. Zwei unterschiedliche Böden, zwei unterschiedliche Weine- und doch haben sie eines gemein: Zugänglichkeit. Ihre schnörkellose Fülle und ihr Charme machen die Mâcons zu geradlinigen, leicht erkennbaren Chardonnays, die aber auch durch und durch Burgunder sein können, da sie ihre weinige Struktur und Tiefe über ein einfaches reinsortiges Produkt hinaushebt. Wie Beaujolais sind sie dankbare Essensbegleiter in klassischer französischer Tradition, versprechen aber auch bestes Trinkvergnügen, da ihre angenehme Art nie in die ernsthafte, gewichtige Grandezza eines Gewächses von der Côte d'Or oder aus dem Médoc übergeht. Sie gehören zu den französischen Weißen mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Das Mâconnais ist größtenteils zerzaustes Weideland, in dem man auf jeden viel versprechenden Hügel Reben gesteckt hat. Die Stöcke teilen sich die anheimelnde Landschaft mit einheimischen Charolais-Rindern, Ziegen und Obsthainen. Es herrscht Kalk vor, man findet aber auch Ton, Sandstein und Schwemmland. Die Winzer der Region sind oft Bauern mit Mischbetrieben und weniger als 1 ha Land, weshalb Genossenschaften einen hohen Stellenwert haben. Trotz der kleinstrukturierten Weinlandschaft aber ist das Mâconnais ein Riese: Hier entsteht so viel Wein wie an der Côte d'Or und der Côte Chalonnaise zusammengenommen.
Wie an der Côte d'Or bildet das AOC-System eine Pyramide. An der Basis findet man Mâcon und Mâcon-Supérieur mit passablen Weißen und oft unsäglichen Roten. Fast alle Erzeugnisse werden aus Gamay bereitet, und Gamay hasst nun einmal den Kalk, den man in Mâcon findet. Die kristallliebende Rebsorte gehört auf die Sand- und Granitböden der Gegend, der Qualität der Weine nach zu urteilen geschieht das aber entweder nur sporadisch oder ohne Erfolg. Wird Pinot noir kultiviert, was keine schlechte Idee ist, darf man ihn Bourgogne Rouge nennen.
Qualitativ interessant wird es ab Mâcon-Villages, auch Mâcon Blanc-Villages genannt, da alle Erzeugnisse weiß sein müssen. Jedes Dorf kann seinen Namen an den von Mâcon anhängen, etwa Mâcon-Lugny, Mâcon-Igé, ja, sogar Mâcon-Chardonnay, denn Chardonnay heißt tatsächlich eine Ortschaft hier, auch wenn unklar ist, ob sie der Traube den Namen gegeben hat. Die beiden Dörfer Viré und Clessé ergatterten 1999 sogar eine eigene AOC namens Viré-Clessé, obwohl ihre Bestimmungen nicht einen Deut strenger sind als in den anderen Gemeinden.
Höchst interessant wird die Geologie im äußersten Süden des Mâconnais, wo burgundischer Kalk auf Beaujolais-Granit trifft. Mergel- und Kalkschichten liegen hier wie Spielkarten aufeinander. Die berühmtesten landschaftlichen Besonderheiten sind die Felsen von Vergisson und Solutré. In prähistorischer Zeit hetzten Jäger Wildpferde, Hirsche und überhaupt alles, was vier Beine hatte, über die Klippen in den Tod. Die Knochen der Tiere bilden eine 2 m dicke Schicht am Fuß des Felsens. Die drei Pouilly-Appellationen Pouilly-Fuissé, Pouilly-Loché und Pouilly-Vinzelles liegen in einer Schüssel aus Kalk. Sie wird von der AOC St-Véran umrandet, die die Weinproduktion einer Hand voll Dörfer um Pouilly unter einen Hut bringt. Hier entstehen die Spitzenreiter des Mâconnais.
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